Als Paolo Deganello, Mitbegründer der Florentiner Designergruppe ‘Archizoom’, den Sessel ‘AEO’ 1973 präsentierte, erregte er großes Aufsehen. Der Sitzkomfort des Sessels ist nicht zu bestreiten, aber an seinem ungewöhnlichen Erscheinungsbild spalteten sich die Geister. Die einen wollten ihn als Karikatur auf den mächtigen Fernsehsessel verstehen, die anderen als Ikone einer neuen Funktionsästhetik.
Deganello untersuchte die Anforderungen an Lehne, Sitz, Fuß und Gestell und trennte diese Elemente streng nach Funktionen und Materialien. Der Fuß aus organisch geschwungenem Plastik trägt das Eisengestell, das statischen Gesetzen entsprechend die Kräfte verteilt und nur teilweise von Sitzkissen und Rückenlehne verdeckt wird. Als Sitzfläche dient ein betont dickes Polsterkissen, das auf einem gespannten Tuch liegt. Die Lehne aus doppeltem Segeltuch ist lose über das federnde Rückengestell gezogen und wirft starke Falten. Bei der Synthese dieser Elemente folgt Deganello keinerlei ästhetischen Konventionen, sondern stellt ihre unterschiedlichen Qualitäten kontrastierend nebeneinander.
Deganello visierte ein Netz von kleinen Zulieferbetrieben an, die die einzelnen Bauteile des Möbels liefern und dadurch eine Verbindung von Serienproduktion und Handwerk schaffen sollten. Dieses additive Konzept spiegelt sich in der Tatsache wieder, daß der Sessel als Selbstbausatz geliefert wurde. ‘AEO’ steht für Alpha und Omega, also Anfang und Ende des griechischen Alphabets: Das Ausgangsmaterial und seine funktionsgebundene Verwendung sind gleichberechtigte Aspekte des Objekts. Erst einige Jahre nach seinem aufsehenerregenden Einstand setzte sich ‘AEO’ auf dem Markt durch. MK